“Post”-Covid Erwartungen – Warum ich will, aber es nicht tue.
“Post”-Covid Erwartungen – Warum ich will, aber es nicht tue.

“Post”-Covid Erwartungen – Warum ich will, aber es nicht tue.

“Post”-Covid Erwartungen – Warum ich will, aber es nicht tue.

Dieses Writing ist vielleicht morgen schon obsolet, aber heute struggle ich und ich möchte das teilen, weil ich glaube, dass viele zur Zeit was ähnliches durchmachen.

Heute war mein erster Tag meines zweiwöchigen Urlaubs. Mein Leben während der Arbeitszeit beschränkt sich auf meine Arbeitsinteraktionen. Ich denke, dass solche Interaktionen zu riskant sind um Freunde zu treffen. Ich treffe also physisch niemanden, außer die Menschen auf der Arbeit. Ich bin viel online mit Freunden, aber habe keinerlei körperliche Berührung.

Ich habe diesen Urlaub dringend nötig. Ich brauche ihn, um mich zu sammeln. Weil mir momentan alle körperlichen Interaktionen Angst machen und das mein Leben durcheinander gebracht hat. Es sind entweder Arschlöcher in den Öffis oder Arschlöcher auf der Arbeit. Niemand, mit dem ich mich einfach entspannen und wohl fühlen kann. Als ich eine Woche lang krank war, fühlte ich danach, wie viel ruhiger ich war, weil ich nicht mit ihnen interagieren musste. Diese Ruhe hielt für ganze zwei Tage.

Seit dieser Woche stellt nun meine Arbeitsstelle zwei Selbsttests pro Woche für uns bereit. Mir wurde sofort klar, welche Möglichkeiten sich mir damit eröffnen. Als ich vor ein paar Wochen meinen Urlaub plante, beschlossen meine Freunde und ich, dass ich nicht zu ihnen reisen würde. Sie hatten mir sogar ein kleines verspätetes Weihnachtsgeschenk geschickt, weil wir uns seit Oktober nicht mehr gesehen hatten. Jetzt aber habe ich die Möglichkeit, mich selbst zu testen und überlege, ob ich reisen und sie sehen sollte. Es wäre gut für mich, würde mir Kraft bringen. Aber irgendetwas hindert mich daran, das zu planen. Es erdrückt mich förmlich. Warum macht mir das so viel Druck?

Außerdem habe ich diese Woche mit einem Spielpartner telefoniert, wie wir es oft tun um wenigstens unsere Freundschaft zu erhalten. Er fragte, ob wir uns bald sehen würden und ich sagte, ich hoffe es. Aber der Gedanke, eine Reise zu planen, um ihn zu sehen, überwältigte mich. Ich erklärte, wie seltsam ich es mir vorstelle, mit jemandem auch nur Händchen zu halten. Ich sagte ihm, dass ich mein Bestes geben werde, um einen Plan zu machen, aber wenn es sich hinzieht, liegt das nicht daran, dass ich ihn nicht sehen will. Er versteht das, zumindest hat er gesagt, dass er es versteht.

Ich wusste, dass ich von meiner neu gewonnenen Freiheit überwältigt war und zwar weil sie mit Erwartungen verbunden ist. Und plötzlich macht mir das Angst. Aber warum? Ich weiß es nicht, ich bin normalerweise nicht so. Ich bin vernünftig und sehe die Dinge so, wie sie sind. Ich finde Lösungen ohne großen Wirbel. Aber jetzt ist mein Kopf nur noch ein großes Durcheinander.

Also dachte ich: “Für meinen ersten Urlaubstag erwartete ich nichts von mir, vor allem keine Urlaubsplanung. Ich mache einfach, wonach ich mich fühle.” Es ist meine übliche Strategie, mich zu erden. Ich erlaube mir zu essen, was ich will, zu schlafen, wann immer ich will, 9 Stunden hintereinander zu zocken, ohne Handy spazieren zu gehen, ohne es jemandem zu sagen. Nur me, myself and I.

Und normalerweise funktioniert das, aber heute hat’s nicht funktioniert. Dafür war meine Nervosität einfach zu groß. Die Zeit tickt, wenn ich heute nicht plane, kann ich meine Freunde in diesem Urlaub vielleicht nicht sehen. Und dann habe ich doch heute immer wieder Dinge von mir erwartet. Ich ging durch die Wohnung und schaute in die Küche mit der Unmenge an schmutzigem Geschirrs. Ich schaute auf den Wäscheständer, auf dem seit über einer Woche Klamotten hängen. Ich sah mir die Pflanzen an, für die ich einen Plan brauche, wenn ich auf Reisen gehen will. Ich schaute auf den Stapel Papiere, der den Boden bedeckt, die ich seit Monaten ordnen wollte. Ich schaute auf das Regal, das ich seit Ewigkeiten bauen wollte, damit ich alles für die Pflanzen ordnen kann.

Ich weiß, dass diese Gedanken nicht gut für mich sind. Also habe ich versucht, mich wieder abzulenken, die fordernden Stimmen in meinem Kopf zum Schweigen zu bringen und mich daran zu erinnern, dass heute heute ist und ich weiß, wenn ich heute für mich da bin, werde ich morgen Kraft haben zu planen.

Aber ich weiß, dass ich morgen nicht die Kraft haben werde, weil ich heute nicht für mich da war. Meine Wohnung muss erst ordentlich sein, mein Hirn, muss erst geordnet sein. Und so fing ich an, die Wäsche zu falten, aber ich habe sie nicht verstaut, weil ich angefangen habe, diesen Text zu schreiben. Ich häng’ in der Schwebe zwischen den Dingen, die ich tun soll, damit ich mich nicht mehr schuldig fühle und dem Fakt, dass ich mir erlauben muss, mich zu entspannen, weil ich weiß, dass ich es brauche.

Ich möchte auch die Erwartungen erfüllen, die meine Freunde an mich haben wollen, denn sie wollen mich sehen und ich will sie sehen, aber ich kann nicht planen, weil ich eine verdammte Pause brauche. Ich weiß nicht wovon, aber ich brauche sie dringend. Und ich weiß, dass meine Freunde eine gut Pause wären, weil sie mir Energie geben, aber um sie zu sehen, muss ich wieder organisiert werden und die Reise planen und warum zum Teufel ist das zu viel für mich? Ich habe die Tests, ich habe die Zeit, ich habe ihre Unterstützung, was brauchst du noch, Gehirn?

Und das Gehirn schreit “Ich brauche eine verdammte Pause!!” Und ich schreie zurück: “Dann nimm’ verdammt noch mal die Pause und hör’ auf, mir zu sagen, dass ich ein schrecklicher Mensch sei, weil ich nicht abwasche und meine Reisen nicht plane!”

Und wenn du denkst dieses Writing hat ein Happy End. Tja nee, also zumindest nicht heute.


Foto: Callum Skelton (unsplash)