Ode an die Menstruationstasse
Ode an die Menstruationstasse

Ode an die Menstruationstasse

Ode an die Menstruationstasse

Oh Tasse, du, die du mein Leben erleichterst
Wie du dich an meine Schleimhäute schmiegst, meinen Muttermund umspannst und meine Säfte empfängst.
So zuverlässig und einfach
Oh Tasse, du, danke, dass du in meinem Leben bist

Poesie – voll mein Ding. Aber da ich jetzt eure ungeteilte Aufmerksamkeit habe *räusper* möchte ich erklären wie ich zu einem Tassen-Fan geworden bin.

Ich hatte viel von ihnen gehört, als ich noch die guten, alten Tampons und Slip-Einlagen benutzte. Ach ja, was verrückte Zeiten … aber ich hab damals diesem modernen (is‘ übrigens gar nich‘ mal so modern) Konzept nicht so recht vertraut. Ich dachte: „Das läuft doch aus und is‘ bestimmt voll unbequem und is‘ das denn überhaupt gesund?“ Wenn ich jetzt zurück denke, schaudere ich beim Gedanken, dass ich mir mal ein geknautschtes Watteknäuel reingeschoben und mich damit SICHERER gefühlt habe?! WTF

Das erste Mal mit der Tasse war seltsam. Es war kompliziert reinzubekommen und hat ein bisschen weh getan, weil ich noch keine Erfahrung hatte wie man sie ordentlich anwendet. Doch dann war sie drin und ich dachte „Oh…Ich merk ja echt nix. Cool!“ Jetzt, mit ein bisschen Erfahrung würde ich meine Tasse gegen nichts in der Welt tauschen. Ich habe so viel gelernt und sehe so viele Vorteile.

Eine kleine Anatomiestunde

Ich denke eine der coolsten Dinge, die mir die Tasse gelehrt hat ist, dass ich mich verbundener mit meinem Körper und meiner Anatomie fühle. Meine Gynäkologinnen haben mich schon immer gemeint, dass man seinen Körper erkunden soll, nicht nur sexuell sondern auch anatomisch. Es hilft Ärtz:innen ungemein, wenn man selbst grob weiß was los is‘. Nicht viele machen das und als Folge daraus, wissen sie oft nicht, ob sich das mal jemand ansehen sollte oder nicht. Am Rande bemerkt, auch das ist ein großer Vorteil von Body Positivity. Also … ich wusste schon was über mich und meine Vagina, aber hätt‘ ja keiner gedacht, dass ich noch so viel dazu lerne!

Als aller erstes, bin ich viel weniger angeekelt von meinem eigenen Blut und Ausfluss. Fairerweise muss ich sagen, dass Tampons alles noch ekelhafter machen und das ist es wahrscheinlich auch, warum mein Ekel verschwunden ist. Letzten Endes is‘ es ja doch nur ein bisschen Blut, dass weggekippt wird. Komisch anzusehen, aber viel besser als dieses feuchte Ekelknäuel namens Tampon. Angefasst hab ich mein Blutung schon oft mit den Tampons, eingerollt in Klopapier und noch warm in den Müll geschmissen, wo es rumhängt bis ich hoffentlich, noch bevor es stinkt den Müll leere. Jetzt fasse ich den kleinen Behälter an in dem es liegt, kippt es aus, wasch es aus und das war’s. Tschüss und weg und kein bisschen eklig. Aber dazu später mehr.

Zweitens, verstehe ich meine Periode besser. Ich weiß wie viel ich schon geblutet habe und kann besser einschätzen wie lang es noch dauert. Dazu kann ich auch noch die Farbe des Blutes analysieren, die mir sagt ob ich eventuell Probleme habe oder auch einfach nur in welcher Phase ich bin.

Und das Krasseste: Ich verstehe meine innere Anatomie so viel besser. Am Anfang hatte ich ein paar Unfälle und bin davon ausgegangen, dass die Tasse sich verschiebt, wenn vom Mastdarm her was drückt. Aber das war es überhaupt nicht. Ich hatte die Tasse nur nicht ordentlich um meinen Muttermund gelegt, damit von dort alles direkt in die Tasse laufen kann. Seit dieser Erleuchtung hatte ich ZERO auslaufen und weiß nun genau wo mein Muttermund ist und wie er sich anfühlt.

Zyklus Tracking und noch mehr anatomisches Verständnis

Da ich jetzt viel entspannter mit meinem Körper und meiner Menstruation umging, kam damit auch eine gewisse Neugierde. Ich begann meine Basaltemperatur zu tracken und irgendwann dann auch meinen Ausfluss und die Beschaffenheit von Muttermund und Schleimhaut. Inzwischen habe ich so viel Info gesammelt, dass ich meinen gesamten Zyklus verstehe. Ich weiß, wann der Eisprung kommt, an welchen Tagen ich Krämpfe haben werde und natürlich weiß ich jetzt auch was meine Stimmungsschwankungen mit den Meerjungfrauen im Mond zu tun haben, genau wie die Legende es sagt! Aber naja, man kann ja nich‘ jedes Geheimnis lüften.

Hygiene

Vor und nach der Periode sollte man die Tasse für ein paar Minuten in frisch aufgekochtes Wasser legen. Am Anfang habe ich das nicht immer gemacht. Stattdessen habe ich die Tasse nach jedem „Wechsel“ unter heißem Wasser mit Seife gewaschen. Das hat sich damals hygienisch angefühlt, ist aber eigentlich Quatsch.

Warum? Weil die Proteine im Blut unter heißem Wasser klumpen. (Man erinnere sich an das letzte Ei, dass man gekocht hat. Genau …) Dadurch bleiben unschöne braune Rückstände auf dem Silikon der Tasse haften. Ich habe inzwischen herausgefunden, dass die Verfärbung mit Wattestäbchen ein bisschen weggerubbelt werden kann. Diese Verfärbung ist nicht weiter schlimm, aber fühlt sich manchmal falsch an.

Meine normale „Wechselroutine“ sieht folgendermaßen aus: Ich gehe aufs Klo, hole die Tasse raus, kippe das Blut ins Klo, werfe die Tasse ins Waschbecken, mache mich sauber, spüle, wasch meine Hände mit Seife, wasch‘ die Tasse mit kaltem Wasser (Seife muss nich‘, aber manchmal fühl‘ ich mich einfach danach), Tasse wieder rein, Händewaschen, fertig. Inzwischen ist das schon ein fließender Ablauf. Das war es mit den Tampons auch, aber ich habe mich nie so wohl damit gefühlt.

Mit einem Tampon habe ich mich nie so gefühlt als würde ich einen frischen Anfang bekommen wenn ich ihn wechsle. Ich habe ihn einfach gewechselt und hab mich mit jedem Mal unhygienischerer gefühlt. Mit der Tasse fühle ich mich frisch und sicher, aber dennoch natürlich und feucht weil es nicht all meine Feuchte aufgesaugt hat wie ein gewisser Herr Ich-liebe-Wüste-Tampon.

Öffentliche Toiletten und Wechsel in der Natur ist doof, denn dort gibt es kein Waschbecken direkt neben der Toilette. Ich denke man könnte bestimmt auch die unausgewaschene Tasse wieder einführen, aber das ist mir persönlich nich‘ so lieb. Das is‘ aber fast nie ein Problem für mich, denn man kann die Tasse bis zu 12h drin lassen. Das sollte einem genügend Zeit geben, etwas passendes zu finden. Selbst an meinen Tagen mit starker Blutung, habe ich die auch noch nie voll bekommen. Anfangs habe ich potentielle Tragekorrekturen nicht eingeplant, das passiert aber jetzt kaum noch. Außerdem versuche ich nicht in öffentlichen Toiletten meine Tasse zu waschen, weil ich mir vorstellen kann, dass der Gedanke an das Blut und den Ausfluss einer anderen jemanden ekeln könnte.

„Is was für Menschen, die es bequem und praktisch mögen“

In den ersten Monaten dachte ich, dass ich die Tasse nur an meinen Tagen mit Blutung benutzen werde und an den Tagen, an denen nur eventuell schmierblute, Slipeinlagen tragen werde. Aber ich habe schnell festgestellt, dass es so viel unkomplizierter und bequemer ist die Tasse vor/nach der Menstruation einfach zu tragen. Tut ja keinem weh, ob das Ding drin is‘ oder nich‘. Es ist so viel schöner, als sich einen trockenen Tampon, der auch noch die letzte Feuchte weggesaugt hat, raus operieren zu müssen, weil man sich verschätzt hat. Und es fühlt sich so viel sauberer an, als mit feuchten Slipeinlagen rumzulaufen.

Es braucht nur ein bisschen Wasser, um die Tasse einzuführen. Wenn ich daran zurück denke, wie ich oft aus der Dusche kam, frisch und sauber und dann versucht habe einen trockenen Tampon in meine semi-trockene Vagina zu quetschen. BIG UFF!!

Wenn ich auf Reisen gehe, brauche ich jetzt nicht mehr das „wie viele Tampons werde ich wohl brauchen“-Spiel spielen. Ich muss noch nicht mal überlegen, ob ich überhaupt was brauchen werde. Ich schmeiß die Tasse einfach in die Waschtasche und fertig. Die einzig kleine Peinlichkeit könnte passieren, wenn man seinen Kumpel nach einer großen Tasse und heißem Wasser fragen muss und sich dann unerwartet keinen Tee macht sondern seine Tasse badet. Aber hey, müssen die anderen durch, kann ja nix dafür, dass mich wieder keiner geschwängert hat! (Apropos, das muss ja auch toll für Schwangere sein. Die haben ja oft mal random Ausfluss. Hmm …)

Das Zeitmanagement ist absolut genial! Ich arbeite in einer Schule und Klogänge sind für Lehrer:innen ungesund selten. Dann auch noch Klogänge, in denen man genug Zeit hat alles zu wechseln. Vergiss es! Seit der Tasse, stresst mich meine Menstruation einfach nicht mehr. Sie passiert da unten und ich kann bequem weiterleben. Wenn ich nach Hause komme, kümmer‘ ich mich drum. Kein „Ok, das kopier ich noch, dann noch schnell aufs Klo, Tampon wechseln und ahhh fuck, da will wer was von mir. Ok, aber nächste Pause dann. Der muss jetzt echt mal raus!“ Da fragt man sich echt wie die Statistik für TSS in Lehrerberufen ist.

Umweltfreundlich AF

Ich habe bis jetzt eine einzige Tasse gekauft. Vom medizinische Silikon wird erwartet, dass es ca. zehn Jahre hält. Am Tag als ich die Tasse gekauft habe, habe ich auch eine Packung Tampons gekauft, falls ich die Tasse doch nicht mag. Ich habe die Packung nicht einmal angerührt. Die Tasse ist sogar so auslauf-sicher, dass ich nicht mal mehr Slipeinlagen benutze.

Zu dem besteht mein Badezimmer-Müll jetzt hauptsächlich aus den Haaren, die ich mir selbst schneide, Zahnseide und manchmal Taschentüchern. Keine Geruchsbelästigung durch vergessene Tampons, keine vergeudeten Müllsäcke, keine Sorge, dass Besuch meinen Müll aufmacht und mehr weiß, als man wissen wollte.

Probleme, die man eventuell vermeiden kann

Ich sage nur, die Kombi Schamhaare und Silikon …. ziept wie Schwein! Da ich meine Schamlippen aber sowieso gern glatt oder zumindest kurz habe, ist das für mich nur ein Problem, wenn ich die Rasur mal wieder ein paar Wochen schleifen lassen habe. Bitte feucht einführen. Trockenes Silikon auf trockene Haut is‘ nich‘ so geil. Einfach kurz unters Wasser damit, bevorzugt lauwarm fürs Prinzesschen und dann is‘ alles gut.


Foto: Sora Shimazaki (pexels)