Natürliche Verhütung? Aber sicher!
In den letzten Jahren wird immer mehr Kritik daran laut, wie sorglos hormonelle Verhütungsmittel verschrieben werden. Obwohl hormonelle Verhütung früher eine Befreiung für Frauen darstellte und wir ihr aus diesem Blickwinkel viel zu verdanken haben, birgt sie auch einige Nachteile und Risiken.
In der Diskussion darum werden inzwischen viele kritische Fragen gestellt: Warum wurde die Pille in den letzten Jahrzehnten nicht besser weiterentwickelt? Warum liegt in Sachen Verhütung immer noch die größte Verantwortung bei Frauen, denen in dieser Hinsicht wesentlich mehr zugemutet wird als Männern?
Selten allerdings wird in der Debatte über eine hormonfreie Verhütungsmethode gesprochen, die viel besser ist als ihr Ruf: Die symptothermale Methode.
Ich finde das schade, denn aus meiner Sicht ist sie eine echte Alternative und unter unseren heutigen Lebensumständen auch ein Mittel zur Selbstermächtigung. Die symptothermale Methode macht es möglich, fruchtbare und unfruchtbare Tage im weiblichen Zyklus zu erkennen, indem mindestens zwei Körperzeichen beobachtet werden: Die Körpertemperatur beim Aufwachen und der sogenannte Zervixschleim. Konsequent und kompetent angewendet bietet diese Methode eine sehr hohe Zuverlässigkeit.
5 Gründe, neugierig zu sein: * Du willst wissen, wie sich Autobahnen für Spermien anfühlen. * Du möchtest mehr dazu erfahren, welche Abenteuerreise Spermien und Eizellen unternehmen, damit eine Schwangerschaft entsteht. * Unabhägig davon, ob du selbst einen hast oder nicht: Du interessierst dich für den weiblichen Körper. * Du möchtest oder kannst keine Hormone zur Empfängnisverhütung einnehmen. * Du möchtest deine Partner:in bei der Empfängsnisverhütung unterstützen. |
Vorteile der symptothermalen Methode: * Kein hormoneller Eingriff in den Körper, nebenwirkungsfrei (z.B. keine Schmälerung der Libido) * Entwicklung eines Gespürs für den eigenen Körper * Aneignung von Wissen über den Zyklus * Kompetenz, ermöglicht z.B.: … Voraussage des Datums der Periode und bei Bedarf entsprechende Planung … selbstbestimmten Umgang mit Verhütungs-Pannen … frühes Erkennen von gesundheitlichen Auffälligkeiten und frühzeitige ärztliche Abklärung * Kostengünstige Durchführung möglich * Austausch mit dem Partner wird gefördert und wirkt sich oft positiv auf die Beziehung aus * Ist korrekt angewendet eine sehr sichere Methode zur Empfängnisverhütung (mehr Informationen Pearl-Index folgen) * Kann auf Wunsch auch zum Herbeiführen einer Schwangerschaft genutzt werden Nachteile der symptothermalen Methode: * Sexualität ist in der fruchtbaren Zeit eingeschränkt * Disziplin benötigt: z.B. muss die Temperaturmessung immer in einem festen Zeitfenster und direkt vor dem Aufstehen durchgeführt werden * Komplexizität: z.B. können die Temperaturwerte durch andere Faktoren unbrauchbar werden (Schichtarbeit, Reisen, Feiern, starker Stress) * aufwendige Lernphase von typischerweise gut drei Monaten * Sicherheit hängt vom Verhalten in der fruchtbaren Zeit ab * unregelmäßige Zyklen erschweren die Anwendung |
Schwangerwerdenkönnen
Bevor ich genauer erkläre, wie man mit der symptothermalen Methode verhüten kann, braucht es erst einmal einige Informationen zum weiblichen Zyklus.
Nur etwa die Hälfte der Menschheit kann überhaupt schwanger werden, und dazu braucht es allem voran eine Gebärmutter. Wie wir alle wissen, durchlaufen diejenigen, die auf „natürliche“ Weise schwanger werden können, einen hormonell geregelten Zyklus. Der besteht aus zwei Phasen, zwischen denen ein Eisprung stattfindet. In der ersten Zyklusphase reifen Eizellen heran, bis (mindestens) eine davon springt und dann für eine kurze Zeit befruchtet werden kann. Passiert das nicht, folgt die zweite Zyklusphase, in der absolute Unfruchtbarkeit gegeben ist. Sie endet mit der Menstruationsblutung, die den Beginn eines neuen Zyklus markiert.
Die Hormonproduktion und die hormonelle Regelung des Zyklus sind sehr komplexe Vorgänge – und es ist äußerst faszinierend, welches Programm der Körper da ständig abspult. Details würden den Rahmen dieses Textes sprengen, daher möchte ich vereinfacht lediglich auf vier wichtige Hormone (bzw. Hormongruppen) eingehen, die später noch wichtig werden:
Im Hirn wird ein follikelstimulierendes Hormon (FSH) und ein luteinisierendes Hormon (LH) produziert. Diese führen in den Eierstöcken zur Reifung von Eizellen („Follikeln“) und zur Erzeugung der Hormone Östrogene und Progesteron, die die für den Menstruationszyklus typischen Veränderungen im gesamen Organismus hervorrufen.
In der ersten Zyklushälfte reift eine ganze Menge an Eizellen heran. Oft wachsen diese in mehreren Wellen. Irgendwann wird ein dominanter Follikel ausgewählt, der sich dann bis zur Sprungreife entwickelt und dabei über 2 cm groß wird. Er hemmt am Ende die Weiterentwicklung der anderen Follikel. In seltenen Ausnahmefällen gibt es mehrere dominante Follikel, die alle bis zur Sprungreife heranwachsen. Während dieser Zeit steigt das Östrogen an und führt irgendwann zu einer hohen Ausschüttung des LH-Hormons („LH-Peak“), der den Eisprung auslöst. Es gibt in jedem Zyklus nur ein einziges Zeitfenster dafür: Selbst wenn in seltenen Fällen mehrere Follikel „springen“, passiert das immer in diesem einen Zeitfenster.
Wird das gesprungene Ei nicht befruchtet, wandelt sich die Hülle in den sogenannten Gelbkörper um, der dann das Hormon Progesteron erzeugt. In dieser Phase kann kein Eisprung mehr stattfinden; die betroffene Person ist also sicher unfruchtbar. Die Dauer dieser zweiten Zyklusphase ist sehr stabil und beträgt etwa 14 Tage. An ihrem Ende steht die ebenfalls hormonell ausgelöste Menstruationsblutung. Die Blockade der Ei-Zellenreifung wird mit dem Einsetzen der Periode aufgehoben und ein neuer Zyklus beginnt.
Nicht nur die hormonellen Vorgänge während eines Zyklus sind sehr komplex und vielfältig, sondern auch die Auswirkungen, die die Hormonschwankungen auf den gesamten Körper haben. Fast jeder weiß, dass sich hormonelle Änderungen auf den Appetit und die Stimmung auswirken. Auch das Energielevel und die Lust auf Sex schwanken meist erheblich im Verlauf eines Zyklus. Zahlreiche Bereiche des Körpers werden hormonell beeinflusst: Die Körpertemperatur, die Bewegungen und Kontraktionen des Uterus, die Beschaffenheit des Gebärmutter-Halses (Muttermunds) und die Konsistenz und Menge des Schleims in der Vagina. Diese Aspekte nehmen die meisten von uns nicht bewusst wahr, im Gegensatz zu zyklusbedingtem Brustspannen oder hormonell ausgelösten Kopfschmerzen.