Natürliche Verhütung? Aber sicher!
Natürliche Verhütung? Aber sicher!

Natürliche Verhütung? Aber sicher!

Selbstbestimmt und verantwortungsbewusst

In der Corona-Pandemie ist vielen von uns eins deutlich geworden: Es geht auch im Alltag im Grunde ständig um Risikoabwägungen. Treffe ich mich mit den drei Freundinnen, die ich gerade so vermisse? Wie hoch ist das Risiko, das ich damit für mich und für andere in Kauf nehme? Kann ich sie treffen und das Risiko dabei minimieren, etwa indem wir draußen etwas unternehmen, anstatt uns auf die Couch zu kuscheln?

Wendet man die symptothermale Methode an, wird man ebenfalls mit Wahrscheinlichkeiten konfrontiert und muss an einigen Stellen Risikoabwägungen treffen.

Ein Beispiel dafür ist die Zeit zu Beginn des Zyklus: Man weiß nicht sicher, wann genau der Eisprung kommen wird, denn die Zeitspanne zwischen dem Einsetzen der Periode und dem Eisprung ist von Mensch zu Mensch und von Zyklus zu Zyklus unterschiedlich. Ich muss den Eisprung aber gewissermaßen voraussehen, denn Spermien können bis zu fünf Tage in einem anderen Körper überleben und so lange eine Eizelle befruchten. Ich muss also fünf Tage vor dem Tag meines Eisprungs annehmen, dass ich fruchtbar bin. Oder lieber sechs, um ganz sicher zu gehen? Und wie genau kann ich den Tag meines Eisprungs vorhersehen? Wenn er im letzten Jahr immer zwischen dem 12. und dem 15. Zyklustag stattfand, kann ich davon ausgehen, dass das in Zukunft auch so sein wird? Oder dass er zumindest nicht vor dem 11. Tag kommt?

Bei einer solchen Überlegung müssen viele verschiedene Aspekte betrachtet werden, und jede Person zieht daraus andere Schlüsse. Schließlich kommt es auf viele ganz individuelle Aspekte an, ob eine bestimmte Entscheidung die richtige für uns ist. Auch wenn wir hormonelle Verhütungsmittel nutzen, treffen wir solche Risikoabwägungen. Bei der symptothermalen Methode allerdings findet die Risikobewertung bewusster statt und ist detailreicher. Obwohl das anstrengend sein kann, hat es große Vorteile: Entscheidungen werden viel bewusster getroffen als in anderen Situationen. Das führt dazu, dass man sehr selbstbestimmt handeln kann. Außerdem hat man die Möglichkeit, Risiken auf eine Art zu minimieren, die den persönlichen Präferenzen entspricht. Man kann also sein Handeln so anpassen, dass es der individuellen Situation gerecht wird, in der man sich gerade befindet.

Wer bis hier hin gelesen hat, wird sich bestimmt schon gedacht haben: Puh, das erfordert aber viel Disziplin! Und damit haben die Leser und Leserinnen natürlich Recht. Wer die symptothermale Methode sicher anwenden will, muss verantwortungsbewusst handeln und benötigt auch eine gute Portion an Selbstreflexion.

Ein klassischer Risikofaktor ist ein mehr oder weniger unbewusster Wunsch, schwanger zu werden. Bin ich beispielsweise frisch verliebt und habe immer wieder Fantasien davon, mit dieser Person ein Kind zu bekommen? Rational ist mir klar, dass das zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine gute Idee ist, also will ich – eigentlich – auf keinen Fall schwanger werden. In dieser Situation sollte ich meine tieferliegenden Emotionen und Fantasien aber nicht unterschätzen. Sie werden mich möglicherweise dazu verleiten, unvorsichtig und nachlässig zu sein. Nach dem Motto: Von dem einen Mal wird ja schon nichts passieren. Vielleicht ist in diesem Fall die symptothermale Methode keine gute Wahl – oder ich beginne erst mal damit, generell Kondome zu verwenden und erlaube mir erst nach einer gewissen Zeit, sie in der unfruchtbaren Zeit ganz bewusst ab und an weg zu lassen.

Über den eigenen Körper, die eigenen Gefühle und die eigene Lebenssituation nachzudenken, kann aufwendig sein, ist aber auch ungemein bereichernd. Die symptothermale Methode kann also einen Anstoß dazu geben, bewusster und selbstbestimmter zu entscheiden – von Sexualität über Liebe bis hin zu Partnerschaftsfragen.

Die symptothermale Methode kann auch gut mit Barrieremethoden wie Kondomen, Femidomen oder Diaphragmen kombiniert werden. Das kann in verschiedenen Lebenssituationen von Vorteil sein. Meine ganz persönliche Geschichte zu Risikoabwägungen, bewussten Entscheidungen und die erfolgreiche Anwendung der symptothermalen Methode macht das deutlich:

Ich lebe in einer polyamoren Beziehung und treffe mich außerdem gelegentlich im privaten Rahmen zum Swingen. Nachdem ich aufgrund tödlicher Thrombosefälle in meiner Familie nur noch eine einzige Pillen-Art einnehmen durfte und bei der unangenehme Nebenwirkungen auftraten, musste ich mich nach Alternativen umsehen. Ich versuchte es mit einer Spirale, vertrug diese aber auch nicht und ließ sie mir nach sechs Wochen starker Schmerzen wieder ziehen. Irgendwann bin ich auf die symptothermale Methode gestoßen, von der ich bis dahin noch nichts gehört hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur einen Partner, mit dem ich schon mehr als 10 Jahre zusammen war. Ein Kinderwunsch war zwar grundsätzlich vorhanden, es war allerdings der falsche Zeitpunkt. Wir entschieden uns gemeinsam, es mit der symptothermalen Methode zu versuchen. Zuerst waren wir sehr, sehr skeptisch. Da es für uns aber keine Katastrophe gewesen wäre, ein Kind zu zeugen, haben wir es trotzdem ausprobiert. Während ich die Methode erlernte und mein Zyklus sich nach der Pilleneinnahme langsam normalisierte, verwendeten wir zusätzlich Kondome. Im Nachhinein waren unsere Ängste übertrieben: Die symptothermale Methode stelle sich als sehr seriös und sicher heraus – wir konnten auf ihre Zuverlässigkeit vertrauen.

Bei unseren gemeinsamen Aktivitäten als Swinger verwenden wir grundsätzlich immer Kondome, um das Risiko für die Übertragung von Geschlechtskrankheiten zu reduzieren. Wir einigten uns aber erst einmal darauf, dass wir zusätzlich in meiner “fruchtbaren Zeit” auf penetrativen Sex mit anderen komplett verzichten. Nur Kondome zu benutzen, schien uns nämlich nicht zuverlässig genug, um eine Schwangerschaft so sicher zu verhindern, wie wir es uns wünschen. Wir wendeten also die symptothermale Methode korrekt nach dem klassichen Prinzip an, das eine sehr sehr hohe Verhütungssicherheit bietet. Nachdem wir mehr Sicherheit und Erfahrung gewonnen hatten, passten wir unsere Strategie später geringfügig an: Mit zwei sehr gut befreundeten Paaren, die wir schon lange kannten und auf die wir uns stets verlassen konnten, hatten wir in seltenen Fällen auch in meiner fruchtbaren Zeit penetrativen Sex mit Kondom – allerdings bat ich die Herren, nicht in mir zum Orgasmus zu kommen.

Als ich eine zweite feste Partnerschaft einging, musste das Vorgehen noch intensiver besprochen werden. Im Laufe der Zeit passten wir unsere Strategie immer wieder geringfügig an. Der Aufbau von gegenseitigem Vertrauen spielte dabei in vielerlei Hinsicht eine Rolle. Letztlich hielt ich es mit meinem neuen Partner weitestgehend so wie mit den beiden sehr guten Swinger-Freunden, denn diese Vorgehensweise schien uns recht sicher. Außerdem wussten wir: Falls es im fruchtbaren Zeitraum zu einer Verhütungspanne kommt, wissen wir sofort, dass es gerade kritisch ist – und können ganz bewusst eine schnelle Entscheidung treffen, wie damit umzugehen ist.

In mehreren Jahren befand ich mich ein einziges Mal in einer kritischen Situation: Ich war gerade im Übergang zwischen meiner unfruchtbaren und meiner fruchtbaren Phase, die überraschend früh einsetzte. Ein guter Freund und ich waren uns ausgerechnet an diesem Tag plötzlich nicht ganz sicher, ob das Kondom wirklich intakt war, da sich außen sehr viel Flüssigkeit befand. Beschädigungen am Gummi waren aber nicht zu sehen. Wir sprachen nochmal in Ruhe darüber und kamen zu dem Schluss, dass das Risiko extrem gering ist. Ich entschied mich bewusst gegen die Einnahme der Pille danach und wurde mit dem Einsetzen meiner nächsten Periode endgültig beruhigt.

Ich halte es für vorteilhaft, dass ich ganz grundsätzlich die „Pille danach“ im Fall der Fälle wesentlich zielgerichteter einsetzen könnte, als es ohne Zyklus-Beobachtung der Fall wäre. Das neue Wissen um den eigenen Körper kann also auch hilfreich sein, um eine unnötige Einnahme dieser Chemiekeule zu vermeiden. Ich bin nie leichtfertig mit diesem Risiko umgegangen und habe bei kritischen Entscheidungen meist lieber die Variante gewählt, die mehr Sicherheit bietet. Und ich bin zum Glück auch kein einziges Mal in die Situation gekommen, in der die Einnahme der Pille danach tatsächlich nötig gewesen wäre.


Je stärker der Wunsch nach einer Schwangerschaft in meiner langjährigen Partnerschaft wurde, umso weniger vorsichtig gingen wir vor. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits mehrere Jahre lang erfolgreich mit der symptothermalen Methode verhütet. Ich ertappte mich nun allerdings manchmal dabei, auch unbewusst risikofreudiger zu werden. Wenn mir das passierte, sprach ich mit meinem Partner darüber. So konnten wir gemeinsam bewusst entscheiden, wie wir es in Zukunft damit halten möchten. Ein schöner Nebeneffekt: Mein Verhalten zu refklektieren führte mir vor Augen, wie sich mein Kinderwunsch gerade entwickelte. Da der bei uns beiden stärker wurde, aber ich noch zögerlich war, verhüteten wir erst einmal während der fruchtbaren Phase nur noch mit Kondom. Später nutzten wir dann eine Zeitlang bewusst nur noch die Strategie des “Coitus interruptus”. Trotzdem wurde ich noch nicht schwanger, bis wir es schließlich wirklich “richtig” versucht haben. Auch da half mir das Wissen, das ich mir für die symptothermale Methode angeeignet hatte: Ich wusste genau, wann ich fruchtbar war, und wurde im zweiten Zyklus tatsächlich schwanger.