Die Kunst der Unvernunft
XelK zu Gast bei Kunst der Unvernunft, das kam bisher zweimal vor. Einmal haben wir im Podcast der Kunst der Unvernunft über das kinky Kunstkollektiv und unsere Pläne gesprochen, beim zweiten Mal haben wir das Partykonzept KiNKtour vorgestellt. Nun hatten wir die Chance und wir haben sie genutzt: Wir haben den Spieß umgedreht und uns den Herrn Stix vorgeknöpft. Fragen hatten wir viele, geantwortet hat der Profi immer mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
XelK: Wer steckt hinter „die Kunst der Unvernunft“?
Stix: Neben dem Podcastsubbi gibt es mich, Sebastian Stix, ziemlich genau 40 Jahre alt und ich bin Teil der BDSM-Community. Ich bin hauptberuflich in der IT. Die Kunst der Unvernunft sollte eigentlich nur so ein kleines Hobby sein. Daraus geworden ist eine Leidenschaft, die natürlich viel zu viel Zeit verschlingt.
Wie kam es zu Kunst der Unvernunft?
Mit 15 Jahren hatte ich erste Berührungspunkte mit dem Thema BDSM, leider hatte mein Leben in der mittelhessischen Kleinstadt mit mir vorgesehen, dass ich lange Zeit meine Sexualität nicht richtig ausleben konnte. Erst mit 27 konnte ich erste Stammtische besuchen und andere „wie mich“ kennen lernen. Ich dachte damals, dass ich alles weiß, denn ich habe alles im Internet gelesen. Ich hätte nicht mehr daneben liegen können. Wer hätte gedacht, dass das alles so vielfältig ist? Und so konnte ich es nie lassen, die Menschen auszufragen. Die Kunst der Unvernunft ist ein Podcast nicht nur über BDSM, sondern ganz gezielt von und für BDSMer. Mir hat damals nicht gefallen, dass andere Formate immer da aufhören, wo es interessant wird. Die tausendste Erklärung, was Bondage und Spanking denn sind, wollte ich nicht wiederholen. Na klar, das ist alles wichtig, aber wer schon etwas ausprobiert hat, würde sich nur langweilen.
Was unterscheidet die Unvernunft von anderen BDSM-Podcasts?
Ich finde die Menschen spannend. Wie haben sie BDSM gefunden? Warum machen sie das überhaupt? Und wie empfinden sie das ganz persönlich? Stell Dir vor, zwei Menschen lernen sich irgendwo kennen und reden. So soll die Kunst der Unvernunft sein. Das Publikum sitzt dann einfach mit am Tisch und lauscht dem Gespräch. Es mag sein, dass zehn Menschen Bondage machen, aber jeder Mensch definiert das für sich ganz anders, zieht eine andere Art der Befriedigung daraus.
Die einzelnen Folgen sind biografisch aufgebaut. Der Mensch und weniger das Thema ist wichtig. Das alles sind Impulse, die ich meiner Partnerin, dem „Podcastsubbie“, verdanke. Von Anfang an hat sie mich absolut unterstützt und mir meine blöden Ideen geduldig ausgeredet.
Erzähl uns etwas übers Podcastsubbie.
Sie ist toll, unvergleichbar, unbestechlich und manchmal ganz brav und artig. Wir leben in einem Kreislauf rhythmischer Kriegserklärungen und Friedensverhandlungen.
Woher kommt die Leidenschaft?
Ich wollte das einfach ausprobieren und weil ganz viele Menschen mich unterstützt haben, konnte das Projekt wachsen. Ich darf Menschen aus dem gesamten LGBTQIA+-Spektrum nicht nur kennenlernen, sondern auch so lange Fragen stellen, bis ich nachvollziehen und verstehen kann. Und wenn dann auch noch etwas dabei herauskommt, was für die BDSM-Community irgendwie nützlich ist, dann gibt das natürlich noch etwas mehr Motivation.
Hattest du schon einmal eine Folge aufgenommen, die du im Anschluss nicht veröffentlichen konntest? Was ist passiert?
Ja, das kam leider schon vor. Jede Folge wird behutsam geschnitten. Das Gesagte darf nicht verfälscht werden. Wenn sich jemand mit dem Ergebnis nicht wohlfühlt, dann wird das nicht veröffentlicht.
Auf der anderen Seite habe ich auch eine Verantwortung. Gerade wenn Personen traumatische Erfahrungen gemacht haben oder sich buchstäblich um Kopf und Kragen geredet haben, entscheide ich, dass eine Folge gekürzt oder gar nicht erscheint. Mein Wunsch ist, dass mein Gast auch in ein paar Jahren noch sagen kann: „Das bin ich, ich find‘s toll“.
Soll der Podcast dein Beruf werden?
Durch die Welt fahren und Folgen aufnehmen. Das klingt schon sehr verlockend. Das Projekt müsste jedoch extrem verändert werden, damit es zum Leben auch nur ansatzweise reichen könnte. Ich fürchte aber, der Druck, davon leben zu müssen, würde weder mir noch dem Projekt gut tun. – Also lieber nicht. Der Podcast ist ein Hobby, wird aber durch freiwillige Unterstützung aus dem Publikum finanziert. Deshalb gibt es auch keine Bonusfolgen oder anderes für Geld. Der Podcast und wirklich alle Folgen stehen unter einer Creative-Commons-Lizenz und gehören damit den Menschen, die ihn hören.
Gibt es Themen, über die du nicht redest?
Wenn es nach mir geht, dann nicht. Podcasts müssen aber auch auf Plattformen wie Itunes, Spotify und Co gelistet werden, damit sie auch gehört werden. Hier komme ich manchmal an Grenzen, die ich nur behutsam kratze. Gerade Themen wie DDLG und insbesondere Anleitungen zu Praktiken sind oft grenzwertig. Man weiß nicht genau, wo die Grenze des „akzeptablen“ Content verläuft. Eine Löschung von Plattformen ist meist endgültig und das versuche ich zu vermeiden.
Persönlich vermeide ich Gespräche mit wenig toleranten Personen: Wer der Meinung ist, den absoluten Durchblick zu haben und die Perspektive anderer angreift, ist raus. Wir BDSMer fordern Toleranz. Ich finde, dass wir die als erstes selbst untereinander leben müssen. Starke Statements sind gern gesehen, solange man darüber sprechen kann.
Seit wann gibt es die Kunst der Unvernunft?
Die ersten Pläne gab es irgendwann 2016. Bis zur ersten Folge vergingen noch gut zwei Jahre. Meinen ersten Aufnahmetermin hatte ich schon ein Jahr früher, wurde aber leider kommentarlos versetzt. Es hat ein Jahr gedauert, bis ich einen neuen Anlauf gewagt habe. Im November 2018 erschien dann die erste Folge der Kunst der Unvernunft.
Hast du eine Lieblingsfolge? Und verrätst du uns, welche?
Ja und nein, natürlich nicht. 🙂
Was braucht es, um für den Podcast als Gast infrage zu kommen?
Die schönste Gespräche entstehen mit Menschen, die der Meinung sind, dass sie nichts Interessantes zu erzählen haben. Das hat bislang noch nie gestimmt! Wer BDSM lebt und erlebt und das formulieren kann, ist herzlich zum kleinen Vorgespräch eingeladen.
Wie sieht der Podcast in fünf Jahren aus?
Meine Ziele sind meist kurzfristig. Ich möchte keinen Zielen nachjagen, die ich ja doch nur vielleicht erreichen kann.
Was ist dein nächstes Ziel?
Eine Folge mit Cailín Glas aufzunehmen.
www.KunstDerUnvernunft.de
Zu hören auf: Spotify, Deezer und Youtube