Safer Sex ist sexy
Kondome kennt mittlerweile doch jeder Mensch, oder?
Als ich noch ganz jung war und ich meine ersten Erfahrungen mit sexuellen Praktiken machte, wusste ich, dass ich Kondome verwenden sollte. Auch wenn mein Wissen über Sex nicht viel war, so wurde mir früh genug eingetrichtert: Kondome sind wichtig! Kondome schützen vor HIV, anderen Krankheiten und einer Schwangerschaft. Für mich als Cis-Frau war es sehr wichtig, nicht schwanger zu werden, aber dafür gab es ja auch die Anti-Baby-Pille. Für das Kondom war eher der Mann zuständig. Bis heute habe ich, glaube ich, noch nie Kondome gekauft. Ich, als Cis-Frau, bekomme sie ja auch irgendwie überall. Kondome werden verschenkt, werden mitgebracht und sie tauchen manchmal so plötzlich auf wie Kugelschreiber, die man nie gekauft hat; jedenfalls ist das meine Erfahrung. Was kostet ein Kondom heutzutage eigentlich? Eis.de verrät: 20 Cent; je nach Hersteller und Bedürfnisse variiert dieser Preis natürlich.
Bis ich 28 Jahre alt war, kannte ich ausschließlich Kondome; von Lecktüchern habe ich auch was gehört, aber nie eines gesehen, geschweige denn in der Hand gehalten. Wo kauft man die überhaupt? Sind Lecktücher aus dem gleichen Stoff wie Kondome? Wie genau benutzt man die?
Vor zwei Jahren bin ich dann mit meinem Partner zusammengekommen. Und vor zwei Jahren lernte ich etwas, was mir meine Jugend sehr hätte erleichtern können. Mir wäre so einiges erspart geblieben.
Wusstet ihr, dass Einweg-Handschuhe zu Safer Sex gehören? Mag für einige vielleicht merkwürdig klingen. Handschuhe? Beim Sex? Warum? Das stört doch nur! Aber nein. Ich bin ein großer Fan von Einweg-Handschuhen. Es gibt sie in sexy schwarz, oder knalligen Farben wie pink oder grün. Natürlich gibt es sie auch in Krankenhaus-blau oder durchsichtig, ich bevorzuge definitiv die schwarzen sexy Handschuhe.
Bevor mein Partner und ich miteinander intim waren, sprachen wir viel miteinander, unter anderem auch über Erfahrungen, die wir gemacht haben, über Wünsche und Sorgen. Und eine meiner größten Sorgen, wenn ich Sex habe, ist Unhygiene und die Angst vor einer Blasenentzündung. Ich habe keine Angst vor klassischen Geschlechtskrankheiten – das Thema war nie so präsent wie die Harnwegsentzündung, die mir seit meinem vierzehnten Lebensjahr regelrecht das Leben zur Hölle machte! Wie häufig war ich wegen dieses unangenehmen stechenden Schmerzes beim Arzt! Wie oft habe ich in einen Becher gepinkelt und gehofft, ein Antibiotikum zu bekommen! Wie oft saß ich teilweise weinend auf der Toilette, weil es beim Pinkeln oder wegen des nicht-pinkeln-Könnens so schmerzte! Wie oft habe ich auf Sex verzichtet, weil ich Angst vor der Blasenentzündung hatte! Ganz ehrlich? Dieses Thema hat mein Sexualleben bestimmt und ich kenne einige Frauen, denen es sehr ähnlich geht.
Kein Sex ist doch auch keine Lösung
Trink Cranberry-Saft, nimm Angocin-Tabletten, trink regelmäßig Harnwegs-Tee, zieh dich warm an, geh nach dem Sex auf die Toilette, setz dich nicht auf den Toilettenrand auf öffentlichen Toiletten, tu dies, tu das. Wenn du das alles einhältst, kannst du keine Entzündung bekommen.
Was für ein Quatsch! Entschuldigung, aber ich bin wirklich Profi, wenn es ums Vermeiden von Blasenentzündungen geht. Am effektivsten ist es, gar keinen Sex zu haben. Gar nicht. Dann kann eigentlich nichts schief gehen.
Als mein Partner mich das erste Mal intim anfasste, zog er sich vorher einen Handschuh über. Seit ich meinen Partner kenne, hatte ich zwei Blasenentzündungen. Zwei Entzündungen innerhalb von zwei Jahren sind ein Klacks; ist nichts, ist doofer Zufall. Früher hatte ich gerne mal ein bis zwei Harnwegsentzündungen im Monat – je nach Aktivität. Was also ist der größte Vorteil an Handschuhen? Handschuhe sind hygienisch sauber. Weitere Vorteile sind außerdem: Sie kosten nicht viel, du kannst sie überall mit hinnehmen und du kannst auch unterwegs Hand anlegen. Du musst dir nicht unnötig oft die Hände waschen und desinfizieren und darfst dann ja nichts berühren, nachdem du deine Hände gewaschen hast. Dieser Tanz zwischen Badezimmer und Schlafzimmer, wie ich ihn von meinen Ex-Partnern kenne, ist viel abturnender, als sich einen Handschuh anzuziehen. Im Gegenteil, mittlerweile werde ich auch ganz hippelig, wenn ich höre, wie sich mein Partner einen Latexhandschuh anzieht. Das Geräusch alleine sorgt dafür, dass ich mich entspannen und freuen kann auf das, was dann kommt.
Eine überfällige Erfindung
Lecktücher. Joah. Lecktücher sind irgendwie komisch und es gibt sie irgendwie fast nur mit Geschmack; Erdbeere, Vanille und Co, aber auf diese sehr chemische Art. Lecker ist das ganze nicht wirklich. Aber Lecktücher sind auch eine gute Sache, denn auch Menschen mit Vulva können Krankheiten übertragen. Aber dieses Tuch so mühsam an die Vulva zu pressen und dann die Zunge anzusetzen, ist irgendwie nicht so geil. Dafür hat sich nun ein amerikanisches Unternehmen eine Alternative überlegt; ich bin begeistert: Leckhöschen. Diese Leckhöschen sind sehr dünn, aus Latex, sehr stark dehnbar und sie sehen wirklich sexy aus. Ich brauche meine Hände nicht, um das Latex an den richtigen Stellen zu halten.
Eine Freundin und ich haben sie ausprobiert und unser Fazit: Wow. Ein fettes Wow mit glitzernden Herzchen und Konfetti!
Der Preis? Fuck … Dadurch, dass man diese Leckhöschen noch nicht in Deutschland bekommt, muss man sie aus den USA importieren. Umgerechnet kostet da ein Höschen dann 6 Euro! Mir persönlich ist es das wirklich wert, dennoch muss dringend etwas an diesem Preis gemacht werden.
Wie teuer waren Kondome eigentlich früher? Kondome hatten schon die alten Griechen, sie konnten dank Schafdarm verhüten. Aber so weit wollen wir nicht zurückgehen. Schauen wir einfach mal auf das Jahr 1925. Dank meines Partners (Rechnen ist echt nicht meine Stärke) konnten wir einen ungefähren Preis pro Kondom für das Jahr 1925 ausrechnen. Der durchschnittliche Deutsche hatte 1925 ein Jahreseinkommen von 1.459 Reichsmark. Der durchschnittliche Deutsche hat heute, 2021, ein Jahreseinkommen von 24.539 Euro. Bei einem Kondompreis von 75 Reichspfenning (0,75 Reichsmark) entspräche das nach heutiger Kaufkraft 12,50 Euro.
12,50 Euro für ein Kondom – im Vergleich dazu sind 6 Euro für ein Leckhöschen dann doch gar nicht mehr so viel. Trotzdem ist das zu teuer. Aber wie bei den Kondomen könnte sich das doch ändern lassen: Wir müssen einfach alle ganz viele Leckhöschen kaufen, damit sie irgendwann vielleicht mal 20 Cent kosten.
Was ist an diesem Höschen denn so toll? Zum einen hat das Höschen mir die Angst vor der Vulva genommen: Einige Bi-Frauen wissen vielleicht, was ich meine. Ich bin 30 Jahre alt und hatte jetzt erst meine ersten Erfahrungen mit Frauen. Ich war nicht nur super aufgeregt und nervös, ich habe mir einen viel größeren Kopf und Sorgen gemacht, als wenn ich einen Mann date. Zum anderen hat es einen riesigen Spaß gemacht, meine Partnerin oral zu befriedigen und es schmeckt nicht unangenehm chemisch, wie ich es von Lecktüchern kenne. Dieses Höschen sieht einfach unfassbar sexy aus und es ist eine safe Sache. Safer Sex ist geil! Und: Fingern und lecken geht gleichzeitig! Obwohl der Stoff zwischen den Beinen extra breit ist, fällt dies optisch überhaupt nicht auf, da das Material sehr schön dehnbar ist.
Und was macht man jetzt, damit der Preis für Leckhöschen runtergeht? Man macht Werbung, damit noch viel mehr Menschen davon wissen, dieses Produkt kaufen, weitere Hersteller Interesse bekommen, um dann vielleicht irgendwann Leckhöschen so günstig wie Kondome im Drogeriemarkt kaufen zu können. Und mal ganz ehrlich: So wirklich wundert es mich ja auch nicht, warum es erst jetzt im Jahre 2021 Leckhöschen (für Frauen) gibt. Immerhin gibt es viele Produkte für den Mann seit der Steinzeit, aber Produkte für die Frau? Anderes Thema, anderer Artikel.
„Jaaaa, jaa, jaaaaaaaah!!“
Safer Sex entspannt mich, macht Vorfreude und eine Menge Spaß! Sex ohne Kondome? Muss echt nicht sein. Ich bin froh, dass ich nicht sein Sperma in mir habe, weil ich dann den Geruch meiner Vagina zwei Tage lang richtig unangenehm finde. Außerdem ist dieses Rauslaufenlassen nach dem Sex für mich persönlich echt unsexy und nervig.
Früher: Fertig mit Sex? Handtuch, Hand oder Toilettenpapier zwischen die Beine halten, auf Toilette gehen, pinkeln, warten, bis genug Sperma wieder raus getropft ist, mit einem Waschlappen sauber machen und zurück ins Bett. Dadurch, dass meine Angst vor einer Entzündung ziemlich stark war, hat dieser ganze Prozess gerne mal fünf Minuten oder mehr in Anspruch genommen. Und die Sorge um eine Entzündung verschwindet ja nicht mit dem Gang zurück zum Bett. Diese Angst bleibt über die Nacht, bis am nächsten Morgen der Geruch des Urins Entwarnung oder Pech vermittelt. Ein Ex-Partner meinte mal, dass ich die einzige Frau bin, die nach dem Sex so lange auf Toilette braucht. Ist das wirklich so? Bin ich echt die Einzige, die solche Probleme mit ihrer Harnröhre hat? Wohl kaum. Ich kenne genügen Frauen, die über genau den gleichen Scheiß klagen.
Heute? Kondome, Handschuhe und Leckhöschen ausziehen, zusammenknüllen, ab in den Müll damit, kurz Pipi machen und dann ganz entspannt kuscheln, ohne sich Gedanken über Harnwegsentzündungen oder Krankheiten machen zu müssen. Großartig!
Ich stehe einfach sehr auf Safe Sex.
Fotos: Plumbum