Babel 2021
Hereinspaziert, hereinspaziert, das kink-queere Künstler*innen-Ensemble XelK lädt zur ersten großen Live-Performance im Jahr 2021! Nun ja, fast, denn die Premiere lag im Mai, was automatisch in einer Umwandlung zum Videoprojekt mündete. Aber von vorn:
Mit „Babel 2021“ arbeitet XelK bereits zum zweiten Mal mit dem Hamburger Regisseur Levin Handschuh zusammen, zusammen setzten sie bereits im Sommer 2020 das Voo-doo-Marxistische Brecht-Projekt „M/EAT THE ARBEITERKLASSE“ als virtuelles Theater-Performance-Konzert um. Nun also folgt eine zweite Arbeit, die mal wieder ganz im Zeichen des Cross Over of Arts steht. Denn in diesem neuen Projekt geht es in die neue Ausstellung der Völkerkundesammlung Lübeck, die unter Kurator Dr. Lars Frühsorge derzeit im Museumsquartier St. Annen gezeigt wird: „Sex und Vorurteil“ ist eine hochgradig spannende Ausstellung, welche sich den Themen Gender, Sexualität, Fetisch und Kink aus ethnologischer Perspektive annähert und in den Räumlichkeiten des ehemaligen Klosters St. Annen, zwischenhistorischen Altären und mittelalterlichen Dauerausstellungen, einen kuriosen und anregenden Platz für „quink culture“ bietet.
Die Ausstellung „Sex und Vorurteil“ stellt den Umgang verschiedener Kulturen mit dem Themen Sexualität und sexueller Identität in den Vordergrund, von den „schwörenden Jungfrauen“ Nordalbaniens bis zu Hijras Indiens werden transsexuelle Traditionen aufgezeigt und klug miteinander assoziiert. Vom Talisman über den folkloristischen Fetisch bis hin zu modernem Sex-Spielzeug wird das sexuelle Objekt in all seinen Facetten betrachtet. Buddhistische Holzdrucke leiten kongenial zu Hentai über und zeigen das gesellschaftliche Spektrum der erotischen Kunst.
Ziel der Ausstellung ist aber nicht nur das Aufzeigen der Vielfalt des Umgangs mit Sexualität, sondern auch der Abbau von Vorurteilen, die nicht nur in aktuellen Debatten verhaftet sind, sondern tiefe Wurzeln haben, die fremdenfeindlich bis rassistisch geprägt sein können. Mit Video-Interviews mit verschiedensten Menschen und einer klaren Positionierung für die kink-queere Kultur setzt Frühsorge ein klares Zeichen gegen Stigmatisierung und Vorurteile. Um diese Ausstellung noch lebendiger zu machen, lud die Völkerkundesammlung nun XelK ein, zusammen mit Levin Handschuh eine Performance zu erarbeiten, welche die quinken Menschen in den Mittelpunkt stellt und einen Begegnungsraum schafft, wo eigentlich keiner möglich ist: Wie bringt man das Private dermaßen in die Öffentlichkeit? Und das auch noch für Besucher*innen, die vielleicht zum ersten Mal mit anderen sexuellen Identitäten und Praktiken in Berührung kommen?
Dazu entwarfen Plumbum, Cailín Glas und Mr. Ithaqua aus dem kinken Kunst Kollektiv mit Regisseur Handschuh und der Kostümbildnerin Merle Finke zwei „Tore“ in eine andere Wirklichkeit: Inspiriert vom „vacbed“ wurden zwei großen Holzrahmen quinke Menschen in Folie eingeschweißt und Statuen-ähnlich ikonenhaft in die Ausstellung integriert. Die Besucher*innen würden sich mit Kopfhörern an diese Menschen „anschließen“ können und so – trotz der Distanz durch die Folie – einen ganz privaten Moment mit den eingeschweißten Statuetten haben. Intime Begegnung, Corona-konform.
Doch leider nicht Corona-konform genug: Da die Stadt Lübeck noch keine Veranstaltungen erlaube, und sei das Hygienekonzept noch so ausgeklügelt, wurde die Premiere prompt zu einem Videodreh umfunktioniert – eine Dokumentation über eine Vernissage, bei der … sagen wir quinke Ereignisse passieren.
Und wie es bei Regisseur Handschuh typisch ist, lässt er es sich natürlich nicht nehmen, zum Beuys-Jubiläum auch eine der bekanntesten Performances des Ausnahmekünstlers zu zitieren. Lassen Sie sich überraschen! Die Live-Performance von „Babel 2021“ wird voraussichtlich im Juli und im August in Lübeck stattfinden. Termine werden dann aktuell auf xelk.de zu finden sein!